Liebe Freunde,
vor einer Woche gingen die Olympischen Sommerspiele in Paris zu Ende. Es gab durchaus berechtigte Kritik, zum Beispiel an der übermäßig woken Eröffnungsfeier oder daran, dass ein biologischer Mann das Frauenboxen gewinnen konnte. Aber es gab auch, und das ganz überwiegend, viel Lob und Begeisterung über die Atmosphäre, die beeindruckenden Sportstätten und vor allem auch darüber, wie die Franzosen ihre großartige Hauptstadt als Kulisse der Spiele in Szene gesetzt haben.
Und natürlich zieht das seither die Frage nach sich, ob Berlin nicht doch einen weiteren Anlauf starten sollte, um die Spiele nach 1936 ein zweites mal auszurichten.
Die Bedenken sind groß: Die Bewerbung um die Spiele 2000 scheiterte nicht zuletzt daran, dass die in Berlin immer noch starke linke Szene nicht einmal davor zurückschreckte, dem IOC mit Gewalt zu drohen. Die zur Muffeligkeit neigenden Berliner würden (zumindest im Vorfeld) wohl keine große Begeisterung für ein solches Vorhaben aufbringen – man hört geradezu Sprüche wie „Ick steh sowieso schon ständich im Stau, da will ick nich noch mehr Touris inne Stadt ham!“ Und nicht zuletzt gelten weder Landesregierung noch Verwaltung in der Stadt als übermäßig kompetent und leistungsfähig.
Andererseits: Paris hat gezeigt, was schon frühere Spiele wie zum Beispiel die von München bewiesen haben, bevor eine Phase des Gigantismus begann: Trotz der hohen Kosten kann die Ausrichterstadt von Olympischen Spielen enorm profitieren, was Reformen, Infrastruktur und Tourismus anbetrifft. Auch in Paris war die Mehrzahl der Einwohner zunächst gegen die Spiele, die sie jetzt im nachhinein als wunderbare Erfahrung beschreiben. Viele flohen zunächst aus der Stadt, nur um vorzeitig zurückzukehren, weil sie bemerkten, dass sie sonst etwas ganz Großes verpassen würden. Und bei aller Muffeligkeit wissen wir doch, wie begeisterungsfähig die Berliner letztlich sind und wie sehr sie vor Stolz platzen, wenn ihre Stadt mal wieder im weltweiten Fokus steht.
Stellen wir uns das doch einfach mal bildlich vor: Freiwasserschwimmen in der Havel oder an der Oberbaumbrücke, Triathlon im und rund um den Müggelsee, Beachvolleyball unterm Fernsehturm, urbane Sportarten wie Bouldern, Skateboard, BMX und 3×3-Basketball auf dem Großen Stern, die Schwimmwettbewerbe vielleicht sogar unter freiem Himmel im dann endlich denkmalgerecht sanierten Olympia-Schwimmstadion – ich finde, das klingt sehr reizvoll. Daneben stehen das Velodrom, die Max-Schmeling-Halle, vielleicht auch das Tempodrom und mit dem Olympiastadion das vielleicht schönste Stadion der Welt zur Verfügung. Im Grunde müsste, bis auf das Olympische Dorf nichts neu gebaut werden, weil Berlin bereits über alle benötigten Wettkampfstätten verfügt.
Bliebe noch das Problem mit der trägen Verwaltung der Stadt. Aber auch hier zeigt die Erfahrung, dass selbst Länder, die nicht eben für effiziente Verwaltung bekannt sind, über sich hinauswachsen, wenn es um ein großes und zeitlich nicht verschiebbares Ziel wie Olympia geht. Oder, um es ein wenig polemisch auszudrücken: Wenn sogar Brasilien Olympische Spiele UND eine Fußball-Weltmeisterschaft im Abstand von nur zwei Jahren ausrichten kann, dann sollte Berlin doch Olympia schaffen.
Und schließlich: Im aussichtsreichsten Jahr 2040 wird es fast siebzig Jahre her sein, dass Deutschland Olympische Spiele ausgerichtet hat – so lange liegen die Spiele von München tatsächlich schon zurück. Man kann also sagen: Wir sind einfach mal wieder an der Reihe! Und wo, wenn nicht in Berlin, sollte sich Deutschland 50 Jahre nach der Wiedervereinigung präsentieren? Ich jedenfalls fände es großartig, wenn Olympia 2040 in Berlin stattfinden würde. Und Sie?
Haben Sie eine schöne Woche!
Herzlichst, Ihre
Kristin Brinker