Brinkers Brief vom 31. Mai 2025

Im Dezember 1989 benannte sich die SED in „Sozialistische Einheitspartei Deutschlands – Partei des Demokratischen Sozialismus (SED-PDS)“ um; schon im Februar 1990 wurde die „Einheitspartei“ gestrichen und nur der Name PDS blieb. Dieser Schritt war ein Versuch, die belastete Vergangenheit abzuschütteln und sich als neue, demokratische Kraft darzustellen. Unter der Führung von Figuren wie Gregor Gysi und Lothar Bisky positionierte sich die PDS als Anwältin sozialer Gerechtigkeit und als Kritikerin des Kapitalismus, was ihr in den neuen Bundesländern Rückhalt verschaffte, insbesondere bei jenen Bürgern der ehemaligen DDR, die sich im wiedervereinten Deutschland abgehängt und marginalisiert fühlten.

Schon damals war das ein kaum verständliches Paradoxon: Ausgerechnet jene Partei, die die Ostdeutschen jahrzehntelang unterdrückt und die DDR in den Ruin getrieben hatte, wurde nun von vielen als Retterin vor dem angeblich grausamen Kapitalismus wahrgenommen. Dies war auch insofern seltsam, als in der PDS viele ehemalige SED-Kader (darunter auch die Gallionsfiguren Gysi und Bisky) aktiv blieben. Die Partei übernahm nicht nur Mitglieder, sondern auch Strukturen und Netzwerke der alten SED – und noch mehr:

Nach der Wende verfügte die SED über ein geschätztes Vermögen von mehreren Milliarden D-Mark, darunter Immobilien, Konten und Firmenbeteiligungen. Dieses Vermögen war durch die Ausbeutung staatlicher Ressourcen und durch die vollständige Kontrolle der DDR-Wirtschaft zusammengerafft worden. Nach dem Zusammenbruch der DDR ging man davon aus, dass dieses Vermögen der Bundesrepublik oder den Opfern der SED-Diktatur zugutekommen würde.

Stattdessen verschwand ein Großteil des Vermögens auf mysteriöse Weise. Untersuchungen der Treuhandanstalt und der Unabhängigen Kommission zur Untersuchung des Parteivermögens deckten auf, dass Gelder über komplexe Netzwerke von Firmen und Konten im In- und Ausland verschoben wurden. Offshore-Firmen, insbesondere in der Schweiz und Liechtenstein, spielten eine zentrale Rolle. Es gibt Hinweise, dass Teile des Vermögens in die Finanzierung der PDS flossen, etwa für Parteiarbeit oder Wahlkämpfe, auch wenn dies nie abschließend bewiesen werden konnte.

Dieser Skandal belastet die Linkspartei bis heute. Die mangelnde Transparenz und die Weigerung der Parteifunktionäre, vollständige Aufklärung zu betreiben, nähren den Verdacht, dass die Partei von den unrechtmäßig erworbenen Mitteln der SED profitierte und noch immer profitiert.

Im Juli 2005 erfolgte mit „Die Linkspartei.PDS“ eine weitere Umbenennung, und 2007 fusionierte diese schließlich mit der westdeutschen „Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) zur Partei „Die Linke“. Mit dieser Fusion wurde die Partei erfolgreich bundesweit etabliert. Unter der Führung von Persönlichkeiten wie Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht entwickelte sich Die Linke zu einer relevanten Kraft im deutschen Parteiensystem, die in mehreren Landtagen und im Bundestag vertreten ist, positioniert als sozialistische Alternative zu den etablierten Parteien.

Bis heute kann sich die Partei nicht von der SED-Vergangenheit lösen. Sie ist ein Sammelbecken unterschiedlicher Strömungen, von gemäßigten Sozialdemokraten bis hin zu orthodoxen Marxisten. Dies führt zu internen Konflikten, aber auch zu Verharmlosungen der DDR-Diktatur durch Parteifunktionäre. So sprach Sahra Wagenknecht 2011 davon, die DDR sei „keine Diktatur im klassischen Sinne“ gewesen, und relativierte damit die Repressionen und Menschenrechtsverletzungen. Ähnlich äußerte sich Dietmar Bartsch, der die DDR als „historisch notwendig“ bezeichnete.

Auch die Haltung zur Gewaltfrage sorgt für Kontroversen. Einige Mitglieder der Linken, insbesondere aus dem linksextremen Spektrum, zeigen immer wieder Verständnis für militante Aktionen, etwa bei Protesten gegen G8-Gipfel, bei kapitalismuskritischen Demonstrationen oder wie jüngst beim Prozess gegen den als „Maja T.“ bekannten Gewalttäter Simeon T. Unvergessen auch, wie auf einem Parteitag in Kassel eine Teilnehmerin darüber sinnierte, was sei, „(…) wenn wir das ein Prozent der Reichen erschossen haben“, worauf der damalige Parteichef Bernd Riexinger sich nicht entblödete, zu antworten, „(…) wir erschießen sie nicht, wir setzen sie schon für nützliche Arbeit ein.“ Beide Beiträge wurden übrigens vom Publikum mit Beifall und Gelächter quittiert.

Die SED bleibt ein Schatten, der die Linke begleitet. Allein die unzureichende Aufarbeitung der DDR-Geschichte zeigt das nach wie vor gestörte Verhältnis der Linkspartei zu Freiheit und Demokratie.

Auch das Rätsel um das SED-Vermögen bleibt ungelöst. Obwohl die Partei beteuert, keine unrechtmäßigen Gelder verwendet zu haben, bleibt die Aufklärung lückenhaft. Misstrauen ist angebracht und der Verdacht bleibt, dass die Die Linke nicht nur ideologische, sondern auch materielle Erbin einer undemokratischen Tradition ist, von der sie sich nie vollständig befreit hat.

Und diese Partei bezeichnet die Berliner CDU, ausgerechnet an einem 17. Juni, als „demokratisch“…

Haben Sie, trotz allem, ein schönes Wochenende!

Herzlichst, Ihre

Kristin Brinker

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